Messgenauigkeit

  • Hallo an alle!


    Bin neu hier, stell mich aber gleich hier vor, dann sind meine Fragen vielleicht auch klarer.


    Ich arbeite im Naturschutz in der Neophytenbekämpfung. Das heisst, ich arbeite in Wäldern Flächen durch, die ich nach Abschluss dann einmesse (Umrunde und einzelne schlüssige Punkte setzen) um einen Überblick sowie Flächenleistungszahlen usw. zu kriegen.


    Ich habe das Einmessen bisher mit dem Handy gemacht (LocusMapPro), aber im Sommer, wenn die Blätterkrone dicht macht, dauert das ewig und wird sehr sehr ungenau, das war teils Lotterie).


    Deshalb dachte ich, mit einem GPS-Gerät muss das doch besser und vor allem schneller gehen.


    Habe mir also ein Etrex 10 gekauft, da ich nicht mehr brauche, als die Möglichkeit einzelne Punkte relativ genau und schnell abzuspeichern.


    Zuhause übertrage ich die Punkte dann in Google Earth Pro und forme mir daraus mein Polygon.


    Jetzt habe ich bei einem Testlauf zuhause festgestellt, daß meine eingemessenen Punkte (gespeicherte Wegmarken) alle um 6-9m daneben liegen - und das unter freiem Himmel. Und es wirkt auf mich so, als wären sie in sich schlüssig, aber insgesamt einfach verschoben. Ich ging die Grundstücksgrenze entlang, diese lag dann eben um die 6-9m nordlich der abgebildeten in Goggle Earth.


    Ist das normal? Bzw. kann ich da was besser machen beim Einmessen?


    (Ich habe beides probiert, nur GPS, sowie GPS+Glonass, keine wesentlichen Unterschiede.)


    Ich hoffe, ich habe mich verständlich ausgedrückt und freu mich auf Antworten.


    Derweilen!
    Sebastian

  • Hallo Sebastian,


    von einem vergleichsweise "billigem" Freizeit-Gerät wie dem Garmin kannst Du Dir Genauigkeiten zwischen 10 bis 20 Metern erwarten. Moderne Smartphones und Outdoor-Geräte nehmen sich hier gegenseitig nicht viel, da meist nahezu identische Empfängerchips verbaut werden. Für GPS-Chips im Consumer-Bereich gibt es auf dem internationalen Markt eh nur zwei oder drei relavante Hersteller. Lediglich die Montage der Antenne kann bei Handys auf Grund der Gehäusebauform (mehrere Antennen und Sensoren müssen auf engstem Raum untergebracht werden) etwas ungünstiger ausfallen.
    Um Genauigkeiten im einstelligen Meter- oder sogar Submeter-Bereich zu erhalten, musst Du etwas tiefer in die Tasche greifen (z.B. Geräte der Firma Leica). Dazu brauchst Du dann noch eine entsprechende Software, die je nach Ansprüchen nochmal mindestens soviel kosten kann wie das Gerät selbst. Im (belaubten) Wald stoßen aber auch diese Geräte an ihre Grenzen.


    Etwas Lektüre zum Thema: http://www.kowoma.de/gps/Genauigkeit.htm


    Wenn Du es entsprechend genau haben willst, würde ich mich also von GPS verabschieden und lieber auf die herkömmliche optische/trigonemetrische Vermessung mit Hilfe eines Theodoliten setzen. Mit Sicherheit hast Du schon mal am Straßenrand oder auf Baustellen Leute mit Meßlatten und Dreibeinstativen stehen sehen; für Vermessungen mit "Sichtkontakt" ist das nach wie vor die genaueste Methode. Für die Grundausstattung musst Du aber auch hier mit einem vierstelligem Betrag rechnen.


    Das eTrex 10 müsste eigentlich auch die Wegpunktmittelung beherrschen. Wenn Du die Möglichkeit hast, die Eckpunkte Deines Areals mehrmals (in möglichst großen Zeitabständen) zu besuchen, könntest Du mehrere Messungen durchführen, aus denen dann ein Mittelwert gebildet wird. Unter Beachtung der Regeln der Statistik können dadurch deutlich bessere Ergebnisse erzielt werden.


    Wenn die Positionen trotz genauester Messungen noch immer konstant danabeben liegen, könnte es höchstwarscheinlich auch an der äussert ungenauen Referenzierung von Google Earth liegen. Du brauchst Dir ja nur mal das Straßen-Overlay über die Google Earth-Bilder zu legen; da sind dann teilweise verheerende Abweichungen zu erkennen. Wir hatten hier im Forum schon einmal den Fall, dass Google Earth mehr als einen halben Kilometer daneben lag (soweit ich mich erinnern kann, war das eine griechische Insel; könnte sogar Kreta gewesen sein)! Das ist natürlich extrem, aber genauer als 30 oder 40 Meter ist Google Earth in Deutschland oft auch nicht. Wenn Du schon genau messen willst, würde ich auch auf die amtlichen topographischen Karten der Vermessungsämter zurückgreifen.

  • Hallo Michael,


    danke für die Antwort!


    Triangulieren geht leider nicht, da würde die Dokumentation mehr Zeit beanspruchen, als die eigentliche Bearbeitung der Fläche, gemacht hab ichs in der Ausbildung ;)


    Die Ergebnisse mit dem Handy waren nicht schlecht, aber es hat halt pro Punkt ewig gedauert, bis der gesetzt (am Display nicht mehr weitergewandert) war.


    Mit Ungenauigkeiten von 1-3m könnte ich gut leben, das war mir schon klar. Stutzig gemacht hat mich einfach die verschobene Darstellung auf Google Earth. Vielleicht liegt es aber wirklich an der Referenzierung, Das Strassenoverlay liegt ähnlich daneben und hier bei mir (nördliches Waldviertel, Österreich) ist halt nicht der Bär am Steppen.


    Die Möglichkeit zu mitteln gibt es, aber auch das würde zuviel Zeit verschlingen...


    Hast du Tipps? Gerät während der Umrundung eingeschaltet lassen oder jeden Punkt neu suchen lassen? Einige Zeit am Punkt warten, bevor ich ihn als Wegmarke setze? GPS + Glonass?


    Liebe Grüße
    Sebastian

  • Zitat von "dasebastian"

    Gerät während der Umrundung eingeschaltet lassen oder jeden Punkt neu suchen lassen?

    Ich würde das Gerät schon immer mitlaufen lassen; bei jedem Punkt neu einschalten würde mir zu lange dauern. Die Akkus halten im eTrex ja mindestens einen ganzen Tag lang. Bei Nichtbenutzung kann man das Display abschalten, was deutlich Energie spart.


    Zitat von "dasebastian"

    Einige Zeit am Punkt warten, bevor ich ihn als Wegmarke setze?

    Kann unter Umständen was bringen, wenn die Trackaufzeichnung öfters bei einer Richtungsänderung träge reagiert und über`s Ziel hinauschießt.
    Ansonsten springt die Position im Stillstand auch stängig um ein paar Meter hin und her. Da kannst Du sowohl sofort wie auch in 2 Minuten entweder Glück oder Pech haben; spielt also keine große Rolle. Die Position pendelt sich nicht etwa nach einiger Zeit auf einen genaueren Wert ein.


    Zitat von "dasebastian"

    GPS + Glonass?

    Nach allgemeiner Ansicht bringt Glonass auch keine signifikant höhere Genauigkeit; es kann Dir aber helfen, schneller einen ersten Satfix zu bekommen.


    Korrektursignale von geostationären Satellien (WAAS bzw. EGNOS) sind für die Luftfahrt sicherlich nützlich. Am Boden bringen sie in der Regel aber nicht viel, weil die für uns relevanten Satelliten zu flach über dem Horizont stehen. Es ist durchaus möglich, dass Dir ein EGNOS-Signal die Positionsgenauigkeit sogar verschlechtert.


    Zitat von "dasebastian"

    im Sommer, wenn die Blätterkrone dicht macht, dauert das ewig und wird sehr sehr ungenau

    Sofern es sich um invasive Arten handelt, könntest Du sie ja gleich umholzen. :shock: Allerdings wirst Du es bei Deiner Arbeit wohl eher auf Pflanzen abgesehen haben, die deutlich geringere Wuchshöhen erreichen.


    Bei GPS-Geräten im unteren dreistelligen Consumer-Bereich wirst Du wohl mit gewissen systembedingten Ungenauigkeiten leben müssen; eine signifikante Steigerung ist nur mit einem (unverhältnismäßig) höherem zeitlichen oder finanziellem Aufwand machbar.
    Vielleicht solltest Du wirklich erst einmal beim Kartenmaterial ansetzen. Hochwertige (auch digitale) topographischen Karten müssten wohl auch in Österreich zu einem erschwinglichen Preis zu bekommen sein.


    P.S.: Habe mir allerdings gerade noch ein paar Waldgebiete nördlich von Zwettl angeschaut; die Google Earth-Bilder scheinen hier doch ziemlich genau zu passen.

  • Hallo Michael,


    danke für die ausführliche Antwort, da hast du einiges geklärt für mich!


    Das mit dem Umholzen ist so eine Sache, ja, ich bearbeite gerade die invasiven Bäume, aber wenn man die einfach umschneidet macht das die Sache nur schlechter, die muss man langsam zum Absterben bringen, sprich Ringeln. Das ist mein Job.


    Danke dir auf jeden Fall, ich werds mal über den nö-atlas probieren!


    Spitzenantworten auf jeden Fall, danke für die Mühe!


    Lg
    Sebastian